Bundesgerichtshof entscheidet über Vorgaben für PKV-Beitragsanpassungen

März 2021

Welche Angaben müssen private Krankenversicherer in der Begründung einer Beitragsanpassung berücksichtigen? Dazu hat der Bundesgerichtshof (BGH) am 16. Dezember 2020 in zwei Urteilen Stellung bezogen. Gegen die Rechtmäßigkeit mehrerer Beitragserhöhungen in den Jahren zwischen 2014 und 2017 hatten zwei Versicherte eines privaten Krankenversicherers geklagt. In beiden Verfahren (IV ZR 294/19 / IV ZR 314/19) hatten die Berufungsgerichte der Klage wegen nicht ausreichender Begründung der Mitteilungen über die Beitragserhöhungen stattgegeben.

Was hat der BGH zur Begründung einer Prämienanpassung in der Privaten Krankenversicherung entschieden?

Wegen eines formalen Fehlers hat der BGH in beiden Fällen die Prämienanpassungen für unwirksam erklärt. Nach Auffassung der Richter hatten in den Mitteilungen an die Versicherten Angaben zu den Gründen der Prämienanpassung gefehlt. Dass die Beitragserhöhungen materiell richtig, notwendig und korrekt kalkuliert wurden, haben die Richter aber nicht in Frage gestellt. Das Gericht hat nur darüber entschieden, was ein Versicherer seinem Versicherten mitzuteilen hat, wenn er eine Beitragserhöhung vornehmen muss.

Die Vorgaben für Begründungen von Prämienanpassungen in der PKV sind im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) geregelt. Es sieht vor, dass der Versicherer dem Versicherten „die für die Beitragsanpassung maßgeblichen Gründe“ mitzuteilen hat (§ 203 Abs. 5 VVG). Erst mit der Mitteilung wird die Beitragsanpassung wirksam. Aufgrund der unkonkreten Formulierung im Gesetz war weder für die Versicherer noch für die Versicherungsnehmer eindeutig, welche Inhalte ein Beitragsanpassungsschreiben konkret haben muss. Der BGH hat dies nunmehr klargestellt:

  • Aus dem Schreiben des Versicherers zu einer bevorstehenden Beitragsanpassung muss lediglich hervorgehen, welche Rechnungsgrundlage die Prämienänderung ausgelöst hat. Zu den Rechnungsgrundlagen zählen die Versicherungsleistungen und die Sterbewahrscheinlichkeit. Sie lösen eine Beitragsanpassung aus, wenn bei einem oder beiden Faktoren ein festgelegter Schwellenwert nicht nur vorübergehend überschrieten wird.

 

  • Weitere Angaben muss der Versicherer nicht machen. Das heißt, er muss nicht mitteilen, wie hoch genau der Schwellenwert überschritten wurde. Ebenso wenig hat er die Veränderung weiterer Faktoren, welche die Prämienhöhe beeinflusst haben (z. B. Rechnungszins), anzugeben. Auch die Angabe, ob der überschrittene Schwellenwert im Gesetz oder davon abweichend in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen geregelt ist, ist nicht erforderlich. Ebenfalls nicht notwendig sind Angaben zum mathematischen Treuhänder, der der Beitragsanpassung nach dem Gesetz zustimmen muss.

Welche Folgen haben die BGH-Urteile für Privatversicherte?

Auch wenn einige Medienschlagzeilen und manche geschäftstüchtige Anwaltskanzleien einen anderen Eindruck erwecken: Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs trifft keine allgemeingültigen Aussagen für alle Versicherten. Die Urteile beziehen sich auf zwei konkrete Mitteilungen zu früheren Beitragsanpassungen eines Versicherungsunternehmens. Diese Schreiben unterscheiden sich von Versicherer zu Versicherer und sind deshalb jeweils individuell zu bewerten. Aus den BGH-Entscheidungen kann somit kein Rückschluss auf andere Beitragsanpassungen gezogen werden. Ohnehin gilt das Urteil, wie stets in einem Zivilprozess, unmittelbar nur für den Kläger selbst.

Wie wirken sich die Urteile auf die Beitragshöhe der Kläger aus?

In den beiden Streitfällen hat der BGH den Versicherten für einen sehr begrenzten Zeitraum einen Anspruch auf Rückzahlung eines Teils der Versichertenprämie zugesprochen. Damit blieben die Richter weit hinter den Forderungen der Kläger zurück.

Berücksichtigt wurde dabei der Umstand, dass das Versicherungsunternehmen in der Vergangenheit mehrmals den Beitrag eines Tarifs erhöht hatte. Für die Frage, in welcher Höhe der Versicherte eine Prämie zu zahlen hat, kommt es dem BGH zufolge immer auf die letzte gültige Beitragsfestsetzung an. Für den Versicherten wirkt sich dies wie folgt aus: Wenn die zuletzt vorgenommene Beitragsanpassung rechtlich wirksam ist, muss er den darin festgesetzten Beitrag leisten, unabhängig davon, ob eine frühere Beitragsanpassung aus der Vergangenheit nach wie vor unwirksam ist.

Darüber hinaus kann laut BGH der Versicherer eine nicht ausreichende Mitteilung im Nachhinein heilen, indem er eine erneute Mitteilung an den Versicherten versendet, deren Begründung den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Die Beitragsanpassung wird dann zumindest ab diesem Zeitpunkt formell wirksam.

Hat die Rückzahlung Auswirkungen auf die zukünftige Beitragshöhe?

Der BGH hat bestimmte Beitragsanpassungen des betroffenen Unternehmens für formell unwirksam erklärt. Er hat jedoch nicht in Frage gestellt, dass diese Erhöhungen materiell richtig und notwendig, insbesondere korrekt kalkuliert sind. Wenn also eine Beitragsanpassung zwar aus formalen Gründen für unwirksam erklärt wird, aber materiell richtig und notwendig war, muss die entsprechende Erhöhung nachgeholt werden. Der BGH hat in seiner Treuhänder-Entscheidung 2018 (IV ZR 255/17) selbst auf den Umstand hingewiesen: Eine Beitragsanpassung kann wegen einer zwischenzeitlich entstandenen Lücke bei den Prämienzahlungen gegebenenfalls sogar höher ausfallen.

Darüber hinaus könnte eine teilweise Rückerstattung von Versicherungsprämien für den Versicherten ein steuerlicher Nachteil ergibt. Nach dem Bürgerentlastungsgesetz werden die tatsächlich gezahlten Beiträge des Versicherten zu seiner Privaten Kranken- und Pflegepflichtversicherung bei der Festsetzung der Steuer berücksichtigt. Ändert sich der Betrag im Nachhinein, kann es zu Korrekturen kommen.

Unklar ist in dem Zusammenhang noch, inwieweit sich eine Beitragsrückzahlung darüber hinaus auch auf den vom Arbeitgeber geleisteten Zuschuss zur Privaten Kranken- und Pflegepflichtversicherung auswirkt.